Denkmal- und Naturschutz – eine weitere Pflegeaktion des Freundeskreises Tomburg
Bei herrlichem Sommerwetter trafen sich am Samstag d. 06.07.2019 erneut 11 Mitglieder des Freundeskreises auf der Tomburg zu einer weiteren Aktion der praktischen Denkmalpflege. Der Freundeskreis verfolgt die satzungsgemäßen Ziele ›Denkmalschutz‹ und ›Naturschutz‹ gleichermaßen und sieht darin keinen Widerspruch. Vielmehr bieten gerade die Trockenstandorte in Burgruinen ideale Lebensbedingungen für spezialisierte Pflanzengesellschaften, die trotz ihrer räumlich geringen Ausdehnung die Artenvielfalt steigern und Lebensraum bieten für eine Fülle von Insekten. Invasive Pflanzen hingegen, insbesondere solche, die historische Bausubstanz schädigen oder standortgerechte Pflanzen verdrängen, sollen entfernt werden.
Sie lesen heute, wie bei der Pflegeaktion ökologische Belange berücksichtigt wurden, erhalten einen ersten Einblick in die Wegeplanung im Sanierungsbereich und können sehen, wie wir konkret vorgegangen sind. Am Ende des Beitrages finden Sie noch eine weiterführende Linkliste unter dem Motto ›Was wächst denn da?‹.
Nachdem im Juli 2018 die Sanierungsbaustelle geschlossen worden war, folgte Ende August ein Praxistest und wenig später die erste Rückschnitt-Aktion im November 2018. Mit eigenen Werkzeugen, angefangen mit Gartenscheren, über Sägen, Grabehacken bis hin zu einem motorbetriebenen Rasentrimmer wurden auch diesmal Pflanzen entfernt, die das Denkmal schädigen. Erfreulich ist, dass sich die an den mageren Trockenstandortes einer Ruine angepasste Pflanzengesellschaft allmählich wieder einfindet. Diese Pflanzen wurden an ihrem Standort weitestgehend belassen, um die Artenvielfalt zu unterstützen und den Insekten Blühpflanzen anzubieten. Eine erste Orientierung geben Leitlinien für die einzelnen Standorte auf der Tomburg.
Gehölze
»Gehölze, das bestätigen alle Autoren, die sich mit Mauervegetation befassen, stellen die einzige ernst zu nehmende vegetative Bedrohung der Mauer- und Felsarchitektur dar.«1)
Für den Schutz der Bausubstanz ist es wichtig, rechtzeitig Gehölze zu entfernen. ›Rechtzeitig‹ meint, bevor sie Wurzeln in Mauerwerksfugen und Gesteinsspalten getrieben haben, die im weiteren Verlauf den Mauerverbund bis zum völligen Zerfall auflösen. Wegbereiter der Gehölze ist Efeu, der zunächst die Mauern empor klettert und in kleinste Ritzen hinein wächst.
Die Robinie bedroht wertvolle Trockenstandorte an und zwischen den sanierten Mauern, weil sie die Fähigkeit hat, Stickstoff zu binden und damit die Bodenchemie zu verändern.
Keimlinge und kleinere Exemplare von Robinien und Holunder wurden entnommen; Austriebe an massigen Wurzelstöcken eingekürzt. Selbst Robinien bis zu einer Größe von einem Meter ließen sich mit der Hand aus dem Boden ziehen.
Wurzelstöcke an den Mauerfüßen gefährden die Fundamente der oberirdisch sanierten Mauerzüge. Daher wurden die ersten ausgegraben und nach dem bündigen Abschneiden eingedrungener Wurzeln konnten sie heraus genommen werden.
Wege und Plätze
Besucher erkunden die Tomburg auf Wege und sich öffnender Plätze. Leider wird dadurch historische Bausubstanz zerstört und der ökologisch wertvolle Trockenstandort belastet. Zur Zeit ist der Zugang für einige Bereiche aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Arbeiten orientierten sich an einem Wegekonzept, das gerade erarbeitet und nach Abschluss der Stadt Rheinbach übergeben wird.
Die Karte zeigt die geplante Wegeführung:
in der Bildmitte am Ofen liegt – grün umrandet – eine Schutzzone, in der sich die Fundamente der Wirtschaftsgebäude befinden, die zur Zeit von Besuchern überlaufen werden und zukünftig durch ein Geländer geschützt werden sollen. Hierfür muss der jetzige Weg zur Pforte an den Bergfried verlegt werden, zum Halsgraben hin mit einem stabilen Handlauf unterstützt.
Rechts neben dem Ofen befindet sich ein Info- und Aussichtspunkt.
Oberhalb der Pforte liegt der ehemalige Burghof.
Am rechten Rand – rot eingefasst – liegt die Zuwegung in die 3-4 m tiefer liegenden Kellergeschosse.
Burghof und der Bergfried wurden gesäubert; die Wege in die Kellergeschosse nur so weit frei geschnitten, wie es für die Zugänglichkeit erforderlich ist. An den Wegrändern und an den Mauerfüßen wurde der Bewuchs belassen, sofern er die Bausubstanz nicht schädigt. Es ist schön, dass sich erneut Trockenrasen zwischen den Mauerzüge eingefunden hat. Große Bestände an Disteln wurden belassen; sie schützen gefährdete Denkmalbereiche und dienen Insekten als lohnende Anflugziele.
Wege auf dem Plateau und am nördlichen Plateaurand wurden geweitet. Durch den Rückschnitt überhängender Zweige sind sie nun besser zu erkennen und erleichtern den Rundgang.
Hangkanten
An der Hangkante zwischen alter Treppe und Spritzbetonwand hat sich eine luftige dicke Bewuchsdecke ergeben. Sie schützt wirksam vor weiterer Erosion und wurde in ihrem Zustand belassen.
Pflanzen und Tiere
Für den Charakter einer Burganlage ist es nicht erforderlich, alle Pflanzen zu entfernen; vielmehr machen sie den Charme einer gepflegten Ruine aus. Die Gallerie zeigt einige Beispiele ökologisch wertvoller Pflanzen, die als Pflanzengesellschaft Lebensraum für Insekten und kleinere Tiere bilden. Zudem schützen sie den Boden vor weiterer Erosion. Pioniergehölze jedoch und z.B. Efeu wurden entfernt.
Durch die regelmäßige Pflege 1-2 mal im Jahr leistet der Freundeskreis einen Beitrag zum Erhalt des besonderen Trockenstandortes.
Was wächst denn da?
Die folgenden Pflanzen haben wir bei unseren Arbeiten angetroffen, manche von ihnen finden Sie auch in der Bildergallerie. Die Links führen zu Pflanzenportraits auf Wikipedia, ein guter Ausgangspunkt für Interessierte (wenn auch noch nicht als zitierfähig anerkannt):
Aronstab – Bilsenkraut – Disteln – Färberwau – Gewöhnliche Waldrebe (Clematis) – Holunder – Kletten-Labkraut – Knoblauchsrauke – Königskerze – Robinie – Schwarznessel – Tollkirsche – Wilde Möhre
und die Schmetterlinge:
Distelfalter – Großer Fuchs – Großer Kohlweißling – Kleiner Kohlweißling – Schwalbenschwanz
↑1 | Florian Bellin-Harder: In der Schwebe. Vegetationsdynamik und Pflegeprognostik, Kassel 2011, S. 201 |
---|